HSBC “Tradingplan” 2017 – eine Anleitung zum Geldverschwendung – wie Max Mustermann, Beruf Ingenieur sein Geld bei Hobby-Trading verliert

In der Zeitschrift "Marktbeobachtung (Januar 2017)" von HSBC wurde von Jewgeni Ponomarev einen "Tradingplan" für Max Mustermann (Beruf: Ingenieur und Hobby-Trader) veröffentlicht. Wir erklären, warum mit diesem Plan nur die HSBC Bank (auf Kosten von Max Mustermann) das Geld verdient. 

Here (Seite 72) steht die Planbeschreibung. Über diesen "Muster-Tradingplan" hat sogar Handelsblatt (mit Anmerkung "für den Inhalt dieser Seite ist der Emittent verantwortlich") berichtet. Für das Team von letYourMoneyGrow.com ist es unmöglich, lauter als HSBC "Zertifikate-Akademie" (eigentlich, Marketing und Vertrieb) zu schreien. Auch unterschiedlich zu Jewgeni Ponomarev haben wir keinen Zugriff zu Handelsblatt. Deshalb setzen wir nicht auf ein Mediengeschrei, sondern auf die Logik und (nicht zu komplizierte) Berechnungen. Letztes Endes ist Max Mustermann ein Ingenieur.

Zielsetzungen
-Aufbau von Kapital i. H. v. z. B. 100.000 Euro innerhalb der nächsten 10 Jahre durch das Trading
-Der nächste Urlaub (3.000 Euro) soll durch das Trading finanziert werden
-Gesamtwert des Portfolios darf die Marke von 30.000 Euro nicht unterschreiten
-Aus dem Jahresgehalt stehen jährlich 5.000 Euro für das Trading zur Verfügung

Vor allem sind es keine valide Zielsetzungen. Denn es wird über das Startkapital nichts gesagt. Darüber hinaus werden in Trading die Ziele - falls überhaupt - durch die relativen, prozentuallen Werten gesetzt: also durch die [annualizierte] Zielrendite und den Maximum Drawdown bzw. die Volatilität.
Wenn wir aus vorhandenen Angaben annehmen, dass Herr Mustermann 60.000 Euro Tradingkapital hat, muss er mindestens 5% Rendite p.a. erwirtschaften, um seinen Urlaub zu finanzieren. In der Tat muss die annualisierte Rendite wohl noch höher sein - ca. 10% - wenn es bis die Urlaubszeit nur 6 Monaten bleiben. Und hier erwartet Herrn Mustermann die erste Falle: unter den Zeitdruck gerät er in Aktionismus, anstatt auf wirklich gute Marktgelegenheit zu warten. 
Beachten Sie, dass an sich die Rendite von 5% angemessen ist. Aber um die zu erreichen, muss man nicht unbedingt traden, historisch gesehen, reicht es einen ETF auf DAX zu kaufen. Hingegen, ist 10% schon sportlich, langfristig wächst der DAX ca. 7% p.a. und nur die wenigen Fonds und Portfoliomanager machen 10% und mehr. Warren Buffet macht 20% p.a.

 

Märkte und Instrumente
-Beschränkung auf die 30 DAX®-Aktien und ausgewählte  MDAX®-Titel

Für einen passiven Investor ist es wirklich ein guter Rat. Die DAX und MDAX Werte sind eine gute Vorauswahl  - nur die besten Unternehmen landen in diese Indices. Aber für Trader ist das absolutes Quatsch, oder sollte man z.B. die letzte enorme Bewegung des Ölpreises, sowie die Gelegenheiten mit Kupfer und Zucker verpassen?
Darüber hinaus muss man nicht vergessen, dass die Aktien sehr stark korreliert sind! D.h. werden die long- und short- Chances bei unterschiedlichen Aktien meistens gleichzeitig entstehen. Dann ist es aber viel einfacher mit den long/short ETFs auf DAX zu handeln ... aber dann

Neben Aktien sollen auch Optionsscheine, Hebelprodukte  und Anlagezertifikate bei den entsprechenden  Basiswerten berücksichtigt werden

Weiter steht

Aktien
-Bei Aktieninvestments wird bei einem Tagesgewinn von größer als 2 Prozent ein Stopp so platziert, dass 1,5 Prozent Gewinn abgesichert werden
-Pro Position dürfen nicht mehr als 2.500 Euro riskiert werden
-Ein Aktienwert darf nicht mehr als 10 Prozent des Gesamtdepots ausmachen

Was für eine merkwürdige Mischung von absoluten (2.500 Euro) und relativen Zahlen (10% des Gesamtdepos)!
Dazu ein Stopp beim 2% Tageswachstum um 1,5% Gewinn zu fixieren! Weißt man nicht, dass diese Werte im wesentlichen durch die Volatilität einer Aktie definiert werden?! Je höher die Vola ist, desto lockerer müssen die Stopps sein (und desto kleiner die Positionsgröße)! Anderseits wird man den noise Trading betreiben (mit welchem nur die Broker und die Derivatenemittenten verdienen).

Optionsscheine/Hebelprodukte
-Der maximale Hebel darf den Wert von 30 nicht überschreiten

Ein Hebel von 30 bedeutet, dass wenn der Underlying 3,34% in Gegenrichtung geht, wird das Hebelprodukt ausgeknockt! Selbst wenn die Aktie danach in die richtige Richtung umdreht, ist das Geld schon weg! Viele Aktien im DAX bewegen intraday mehr als 4% (nicht jeden Tag aber sehr häufig)! Deshalb - wieder noise Trading (mit welchem nur die Broker und im knock-out Fall VOR ALLEM die Derivatenemittenten verdienen).

-Pro Position sind maximal 500 Euro zu investieren
-Bei einem Kursgewinn von 50 Prozent oder höher erfolgt ein  Verkauf
-Es darf maximal die Hälfte der 500 Euro verloren werden

Hier machen die absoluten Zahlen ausnahmsweise Sinn. Denn selbst bei günstigen Brokern (Flatex, OnVista mit Freebuys) kostet ein Geschäft (buy und sell) mindestens €10. Also wird man unter dem Strich nur €240 gewinnen und €260 verlieren. Dazu nehmen wir noch den Geld-Brief Spread von 2% an (häufig ist er mehr). D.h. wird man noch €500 * 0.02 = €10 bei jedem Geschäft extra zahlen. Also - unter Berücksichtigung von Spread und Brokergebühren - bekommt man €230 beim Gewinn und verliert €270 beim Verlust.

Um lediglich breakeven zu bleiben muss man dann die Treffquote von 54% haben! (230*0,54 - 270*0,46 = 0) Ist das viel? In der Tat sehr viel!
Selbst der Einstein, der innerhalb von 3 Jahren 2000% (zweitausend Prozent!!!) Rendite erwirtschaftet hat, hat die Treffquote 503/883 = 57%
Zwar hängt die Rendite von Treffquote nicht linear ab, aber eine grobe Schätzung können Sie sofort machen: müsste Einstein 4% seiner Treffquote nur für Gebühren abgeben, würde weniger als die Hälfte von seinen 2000% bleiben!!! Nicht umsonst läutet die 7. Einsteins Goldene Börsenregel: Niemals Optionsscheine, CFD's oder Derivate kaufen, bringen mittelfristig immer Totalverlust!

Übrigens, wissen Sie wahrscheinlich, dass die Binäre Optionen ein Abzock ist, nicht umsonst will die BaFin diese verbieten. Aber interessanterweise haben wir früher gezeigt, dass man mit der Treffquote von 55% selbst mit binären Optionen erfolgreich sein könnte (man wird nie, weil 55% Treffquote viel zu viel ist).

Und nun kommt die Krone des "Tradingplans"

Es werden nur Hebelprodukte von den folgenden drei Emittenten gehandelt: HSBC, HSBC, und HSBC!

Dummerweise ist es eine gute Empfehlung! Wieso, fragen Sie überraschend. Weil die HSBC einer der besten (und wahrscheinlich der beste) Anbieter von Hebelprodukten und Optionsscheinen ist. Egal wie hart wir kritisieren, bleiben wir sachlich und diesen Fakt geben wir zu! Sehr selten, aber es gibts die Fälle, wenn man diese Finanzprodukte braucht, z.B. bin ich vor kurzem mit NVIDIA stock short gegangen. Zum normalen Preis (angemessene implizite Volatilität) stand nur die PUT von HSBC (WKN: TD7GK5) zur Verfügung (dabei musste ich aber deutlich mehr als 2% Geld-Brief Spread in Kauf nehmen). Aber solche Fälle sind sehr sehr selten, also muss man die Derivate - wegen Bid-Ask Spreads und Totalverlustgefahr - grundsätzlich vermeiden!

Und last but not least:

Trading-System
-Trading-Kandidaten werden ausschließlich auf Basis der Technischen Analyse ausgesucht
-Für Ein- und Ausstiegssignale werden die folgenden drei Kennzahlen berücksichtigt
– Gleitender Durchschnitt (38-Tage)
– MACD (12,26,9)
– RSI (14,30,70)
- Jedes Instrument bzw. jede Kennzahl ist im Rahmen eines Backtestings zu prüfen!

Wenn man sich die Mühe nimmt, "jede Kennzahl im Rahmen eines Backtestings zu prüfen" wird man sehen, dass GD(38), MACD und RSI einfach nicht funktionieren, die sind einfach statistisch nicht signifikant (als Ingenieur weißt Max Mustermann, was das bedeutet). Die ausführliche Anleitung zum Backtesting findet man im Buch "Knowledge rather than Hope" und die R-Skripts (mit fertigen Programmroutinen für GD, MACD und RSI) kann man hier kostenlos runterladen.

P.S. Was soll Max Mustermann wirklich tun?
Vor allem als Ingenieur soll er nicht zu viel Zeit für Trading verschwenden! Stattdessen sollte er seine berufliche Qualifikation steigern, Deutschland ist das Land der Ingenieure, so wird Herr Mustermann eher mit seinem Hauptberuf mehr Geld verdienen als mit hobbymäßigen Trading!
Aber wie soll er trotzdem sein Kapital vermehren oder zumindest gegen die Inflation schützen? Nun, die einfachste Lösung wäre ein passiver Sparplan: jedes Monat ein ETF auf MSCI World zu kaufen. Wichtig: MSCI World, nicht DAX, denn falls Deutschland ähnlich wie Japan in 90-gen geht, wird Herr Mustermann nicht so stark betroffen.
Aber er muss auch nicht vergessen: die einfachste Lösung ist nicht immer die Beste! Deshalb, wenn Herr Mustermann ein wahres Interesse an Finanzmärkte hat, soll er letYourMoneyGrow.com regelmäßig [kritisch] lesen und unser Quantitatives Toolbox (welches ständig erweitert wird) einsetzen.
Robo-Advisors soll er auch vermeiden, es macht kein Sinn, sich auf nicht funktionierende Portfoliooptimierungsmodelle zu verlassen und dafür die Gebühren zahlen, die auf dauer nicht so klein sind.

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