Scalable Capital – ethischer Robo-Advisor made in Germany

Scalable Capital Office in MuenchenRobo-Advisors sind meistens nicht transparent und basieren sich auf in der Praxis nicht funktionierende Modelle wie Markowitz oder Black-Litterman. Darüber haben wir schon sowohl in kurzem Pamphlet "Anti-Asimov’s Three Laws of Robo-Advisory" als auch in fachlichem Artikel "Stripping down the robo-advisors: sparrow-brains inside" berichtet. Anders ist scalable.capital. Scalable legt sein Modell offen und habt u.a. ein ausführliches Whitepaper veröffentlicht. Nach der Besprechung dieses Whitepapers mit Prof. Dr. Stefan Mittnik kann man eindeutig sagen: Scalable schafft den Mehrwert für Investoren. Ob dabei das Leistung/Gebühren Verhältnis passt, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Als ich das Paper von Scalable analysierte, habe ich mehrere fraglichen Punkte gefunden. Das war keine große Kunst, denn ein optimalstes Verfahren gibt es in der Praxis sowieso nicht, in keinstem Fall. Wie gewöhnlich, habe ich zuerst die Gründer und den Pressedienst von scalable.capital angeschrieben mit dem Vorschlag, den Beitrag vor der Veröffentlichung zu diskutieren und ggf. zu korrigieren. Prof. Dr. Mittnik hat mir freundlich eingeladen, alles vor Ort zu besprechen und hinter den Kulissen den Blick zu werfen. Nach langer und konstruktiver Diskussion ist nicht viel übrig von der ursprünglichen Kritik geblieben. Im Gegenteil, habe ich viel erfahren, was im Whitepaper nicht [so deutlich] steht, aber für scalable.capital eindeutig spricht. Und zwar:

1. Mühelos wiederholen wir, dass in Trading und Investment der Track Record und die Performance maßgebend sind. Und scalable.capital hat das. Die Kunden von scalable.capital können (und sind ermutigt) diese Performance zu nachvollziehen aber man muss aufpassen: im Chart "Wertentwicklung unserer ETF-Portfolios im Vergleich zu DAX und MSCI-World-Index" geht es um die Performance von Anlagen, die am Jahresbeginn gemacht wurden. Falls man zum anderen Zeitpunkt angefangen hat, soll man auf den Chart "Realisierte Wertentwicklung aller Scalable-Capital-Portfolios zum 31.12.2016 in Abhängigkeit vom Tag der ersten Investition" schauen.

2. Scalable legt viel Wert auf die Risikominimierung: u.a. hat das Modell sowohl den Absturz im Februar 2016 als auch die Brexit-Gefahr erkannt und rechtzeitig aus riskanteren Assetsklassen ausgestiegen.
Dabei ist die Risikoabscheu sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche: einerseits ist es gelungen, den Maxumum Drawdown klein zu halten, anderseits hat kein Portfolio von scalable.capital den DAX oder MSCI World zum Jahresende übertroffen. Ich bin aber der Meinung, dass Risikominimierung ein richtiges (wenn auch nicht das einzig Richtige) Verfahren ist. Das Modell von Scalable ist zwar emotionslos, die Anleger sind jedoch nicht. Erfahrene Anleger können die temporären Verlusten dulden, für die Anfänger sind die jedoch zu schmerzhaft (das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen).

3. Scalable betrachtet jedes Portfolio individuell um auch die Transaktionskosten und Steuer zu optimieren.

4. Scalable verbessert sich ständig. Es ist sehr schwer, den Kundenrisikoprofil in wenigen Klicks zu ermitteln, und auch das Team von scalable versteht das. Anderseits zeigt die Marktpraxis, dass mit jeder extra Frage im Fragebogen steigt die Gefahr, dass der Kunde die Anmeldung abbricht. Aktuell führt scalable.capital zusammen mit LMU eine grundliche pschychologische Studie, wie man den Risikoeinschätzungsprozess optimieren kann.

5. Und last but not least, hat Prof. Stefan Mittnik den Eindruck gemacht, dass es bei scalable.capital nicht nur um den Gewinn, sondern auch um höhe ethischen Regeln geht. Das ist natürlich nur mein persönlicher Eindruck aber der Deutsche akademische Welt im Bereich Investmentwesen ist mir gut bekannt: nur die wenigen Professoren engagieren sich und sind imstande, sich selbst kritisch zu betrachten.

 

Nachdem wir über die positiven Seiten von scalable.capital berichtet haben, erwähnen wir auch die kritischen Punkte. Wie schon gesagt, ist davon nicht viel übrig geblieben.

1. Das wichtigste Kritikpunkt ist wohl das Thema Kosten.
Das Gebühr von Scalable beträgt 0,75% p.a., dazu kommen noch die ETF (Dritt)-Kosten in Höhe von 0.25%. So ingesamt geht es um 1% p.a. Wenig ist das nicht: z.B. in 10 Jahren betragen die kumulierten Kosten 1 -{0.99}^{10} = 9.6\%   (zum Vergleich: durchschnittlich haben die Portfolios von Scalable im letzten Jahr ca. 5% Rendite gebracht). Aber wie wir ständig wiederholen, kostet die gute Arbeit Geld, so sind auch die hohen Kosten OK, soweit die (Netto)rendite unter dem Strich passt. Im Gegenteil zu vielen Robo-Advisors, die nur einmalig anlegen, macht scalable.capital ziemlich aktives Rebalancing, in diesem Sinne ist es zumindest nicht unverschämt, die Gebühren p.a. zu verlangen. Ob das Preis-Lestungsverhältnis passt, muss jeder für sich selbst entscheiden (diese Studie kann dabei hilfreich sein).

2. Eine gewisse Optimierung konnte man in Anlage-Universum vornehmen. U.a. wird aktuell nur ein ETC "Rohstoffe Global (Lyxor Commodities CRB Thomson Reuters/CoreCommodity)" angeboten. Jedoch mischt man normalerweise die Kaffee mit dem Mineralöl nicht. Mit anderen Worten: im Commodity-Segment entstehen die guten Gelegenheiten nicht für alle Rohstoffe gleichzeitig.

 


P.S.
Der Fall mit scalable.capital ist der Vorbild, wie m.E. die Reaktion auf die Anfrage von letYourMoneyGrow.com sein muss. Wenn es Dialogbereitschaft gibt, lassen sich häufig die eckigen Kanten glätten (und nicht auf Kosten, sondern eher zugunsten von Objektivität). Der Vorbild wie es nicht sein muss, war z.B. der Fall mit SV Versicherung. Deshalb sage ich: lieber Mitarbeiter der Pressedienst, scheuen Sie sich nicht, mich direkt mit Fachspezialisten zu verbinden. Ich beiße nicht und habe kein Ziel, alles schlecht darzustellen. Das schlimmste, was Ihnen drohen kann, ist eine Kicker-Niederlage 😉

Update 14.06.2018: Scalable Capital durchbricht Milliardengrenze – Erfolg des StartUps und Scheitern des Volkes

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